Onkologie II

In den letzten zehn Jahren hat sich so viel in der Hämatoonkologie getan, dass sich das nur schwer in kurze Worte fassen lässt.

Die Hämatoonkologie geht ganz eindeutig in Richtung der personalisierten und damit stärker individualisierten Therapie. Das ist der eine Riesenschritt. Das heißt, es geht mittlerweile darum, dass wir die verschiedenen Subtypen dieser bösartigen Erkrankungen immer besser kennen. Wenn wir vor 15, 20 Jahren geglaubt haben, Mammakarzinom ist Mammakarzinom, dann wissen wir heute in der Klinik schon, dass das fünf bis zehn verschiedene Subtypen sind, wahrscheinlich stecken dahinter aber 100 oder noch mehr. Man weiß durch die Genomanalyse, die in den USA an mehreren Karzinomen gemacht worden ist, dass sich die Tumoren genetisch massivst untereinander unterscheiden. In den letzten zehn Jahren haben wir den Aufbruch in Richtung Entwicklung von Medikamenten aufgrund spezieller Eigenschaften dieser unterschiedlichen Tumortypen gesehen.

Natürlich haben wir nicht Medikamente für 150 verschiedene Mammakarzinome, aber wir haben Medikamente in die Hand bekommen, die zwischen dem Mammakarzinom, dem Dickdarmkarzinom oder Lungenkarzinom unterscheiden können, ganz gezielt nur für eine Subgruppe sinnvoll sind und ansonsten nicht wirken, aber für diese eine Gruppe wirken sie dann besonders gut. Das ist die eine ganz wichtige Entwicklung.

Der zweite wichtige Schritt ist, dass diese Medikamente nicht mehr Zytostatika sind, sondern es sind Biologika, also biologisch zielgerichtete Therapien, die wir zusätzlich zur Chemotherapie und zur Hormontherapie für viele Tumoren erhalten haben, und wo die Tür ganz massiv für immer mehr dieser spezifisch wirksamen Medikamenten aufgeht. Erhältlich sind sie teilweise in Tablettenform, teilweise intravenös, aber wichtig anzumerken ist – dass sie vorerst, und das wird sicher noch zehn bis 15 Jahre so sein – nur in Kombination mit der Chemotherapie und nicht alleine gegeben werden (wobei es Ausnahmen gibt). Aber beim Mammakarzinom gibt es Hinweise, dass wir in Zukunft die Chemotherapie ersetzen werden können, z.B. mit einer Kombination aus zwei solchen Medikamenten.

Substanzen wie Trastuzumab, Bevacizumab, Cetuximab, Panitumumab etc. gehören zu den Medikamenten, die jetzt bei gewissen Subgruppen der Tumoren eingesetzt werden können. Hier gibt es noch viele Substanzen der unterschiedlichsten Firmen, von denen wir inzwischen wissen, dass sie bei vielen Patienten nicht wirken – wir sie ihnen also ersparen können. Jene Patienten allerdings, bei denen diese Substanzen wirken, haben große Chancen.

Diese in der Entwicklung sehr teuren Medikamente sind nicht harmlos, nur weil sie Biologika sind. Sie gehören in die Hände von Spezialisten (in der Regel internistische Hämatoonkologen), da evtl. Komorbiditäten natürlich gut behandelt werden müssen. Vor allem bei bestehenden Begleiterkrankungen – die meisten unserer Krebspatienten sind älter und haben Vorerkrankungen – muss man überlegen, was kann man geben und was nicht, und was zu tun ist, wenn es Nebenwirkungen gibt.