Erfassungszeitraum 1991–2006: Suizide bei Krebspatienten in Westösterreich

In mehreren internationalen Studi en 1–3 konnte gezeigt werden, dass Patienten mit einem Malignom eine deutlich höhere Suizidrate im Vergleich zur Gesamtbevölkerung aufweisen. Eine vergleichbare Studie wurde bislang in Österreich nicht durchgeführt. Unsere Studienpopulation bildete die Bevölkerung der Bundesländer Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Der Beobachtungszeitraum erstreckte sich für die Bundesländer Tirol und Vorarlberg von 1991 bis 2006 und für Salzburg von 1999 bis 2006. Die Nachbeobachtung erfolgte bis 2008. Insgesamt konnten 375.259 Personenjahre von 77.333 Krebspatienten (36.316 weibliche und 41.017 männliche Krebsfälle) registriert werden.

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum ereigneten sich insgesamt 3842 Suizide, wobei 179 Suizide (34 Frauen und 145 Männer) bei Krebspatienten identifiziert werden konnten. Für den Vergleich möglicher Suizid-Mortalitätsunterschiede zwischen Krebspatienten und der Gesamt bevölkerung wurde eine altersund geschlechtsspezifische, standardisierte Mortalitätsrate (SMR) berechnet. Es konnte ein erhöhtes relatives Risiko für Männer und Frauen festgestellt werden, wobei bei Frauen die SMR 1,3 (95%-CI, 0,9–1,8) und bei Männern 1,6 (95%-CI, 1,3–1,9) betrug. Auffallend war eine Zunahme der Suizidhäufigkeit bei älteren Krebspatienten (Tab.). Das Suizidrisiko war im Jahr nach Diagnosestellung am höchsten. Die häufigsten Krebserkrankungen dieser Patienten waren Mamma-, Uterus- und Lungenkarzinome bei den Frauen und Prostata-, Kolon- bzw. Rektumkarzinome und Karzinome im HNO-Bereich bei den Männern. Insgesamt konnte im Beobachtungszeitraum ein tendenzieller Rückgang der Suizidhäufigkeit bei Krebspatienten beobachtet werden, was auf eine Verbesserung der interdisziplinären onkologischen Therapiemöglichkeiten sowie auf eine Verbesserung der psychoonkologischen und psychosozialen Betreuung palliativer Patienten zurückzuführen ist.

Zusammenfassung: Krebspatienten in Westösterreich weisen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung eine deutlich höhere Suizidrate auf. Besonders betroffen sind ältere männliche Patienten, die an einem Karzinom der Prostata, des Kolons oder des HNO-Bereichs erkrankt sind. Aufgrund der außerordentlich hohen psychischen und sozialen Belas – tung von Krebspatienten ist der weitere Ausbau der psychoonkologischen und psychosozialen Betreuung zur Verbesserung der Lebensqualität bis ins hohe Alter zu forcieren.

1 Hem E, Loge JH, Haldorsen T, Ekeberg O, Suicide Risk in Cancer Patients From 1960 to 1999. J Clin Oncol 22:4209–4216, 2004
2 Misono S, Weiss NS, Fann JR, Redman M, Yueh B: Incidence of Suicide in Persons With Cancer. J Clin Oncol 26:4731–4738, 2008
3 Kendal WS, Suicide and cancer: a gender-comparative study. Annals of Oncology 18:381–387, 2007