Multiples Myelom – Mehr molekulare Remissionen durch Konsolidierungstherapie mit neuen Substanzen

Als Konsolidierungstherapie wird eine zeitlich begrenzte Behandlungsphase (2–4 Zyklen) bezeichnet, die sich direkt an eine Stammzelltransplantation anschließt und die Verbesserung des Remissionsstatus zum Ziel hat. Aktuell liegen dazu die Ergebnisse von zwei Studien vor:

VTD als Konsolidierungstherapie vs. TD: Die Studiengruppe von Prof. Michele Cavo (Bologna)1 präsentierte am diesjährigen, 16. Kongress der Europäischen Gesellschaft für Hämatologie (EHA) in London ein Update der prospektiven Phase-III-Studie, in der die Kombination von Bortezomib/Thalidomid/Dexamethason (VTD) als Konsolidierungstherapie der Kombination von Thalidomid/Dexamethason (TD) gegenüberstellt wurde. In dieser Studie wurden 474 neu diagnostizierte Myelom-Patienten randomisiert, die entweder VTD oder TD als Induktionstherapie und im Anschluss an die erfolgte autologe Tandem-Transplantation ebenso als Konsolidierungstherapie (je zwei Behandlungszyklen über 35 Tage) erhielten. Die Ergebnisse sind beeindrukkend: 31 % der Patienten im VDT-Behandlungsarm erzielten nach Induktionstherapie ein komplettes oder nahezu komplettes (nCR) Ansprechen, im Vergleichsstudienarm wurden lediglich 11 % CR/nCR festgestellt. Nach einer Konsolidierungstherapie mit der VDTKombination erreichten 62 % der Patienten eine CR/nCR (verglichen mit 45 % im TD-Arm). Nach 36 Monaten medianem Follow-up liegt das mediane progressionsfreie Überleben im TD-Arm bei 42 Monaten, im VDT-Behandlungsarm ist der Median noch nicht erreicht (zum Zeitpunkt 3 Jahre wird ein PFS von 68 % prognostiziert). Molekulare Untersuchungen mittels PCR am Ende der Konsolidierungsbehandlung (Tag +70) zeigten ein PCR-negatives Ergebnis bei 64 % in der VTD-Gruppe, hingegen nur bei 48 % im TD-Studienarm (p = 0,007). Bezogen auf die Analyse der erzielten molekularen Remissionen nach Konsolidierung konnte somit festgestellt werden, dass VDT nach Tandem-Transplantation die Rate von molekularen Remissionen signifikant erhöht und somit die Tumorlast verglichen mit TD-Konsolidierung reduziert wird. Das verlängerte progressionsfreie Überleben im VDT-Studienarm lässt sich somit zumindest teilweise durch die Verbesserung der Remissionsqualität nach Konsolidierung erklären. Zu ähnlichen Resultaten kommt eine weitere italienische Studiengruppe um Dr. Ladetto2: Sie behandelte in einer Phase-II-Studie 39 Myelom-Patienten, die nach autologer Transplantation zumindest eine Very Good Partial Remission (VGPR) erreicht hatten. Diese Patienten erhielten 4 Zyklen einer Konsolidierungstherapie mit VDT. Durch die VDT-Konsolidierung wurde die Rate an immunfixationsnegativer CR von 15 % nach Transplantation auf 49 % nach Konsolidierung verbessert. Zusätzlich wurde in dieser Studie der molekulare Remissionsstatus durch eine PCR mit patientenspezifischen Primern untersucht. Die Rate an molekularen CR betrug 3 % nach Stammzelltransplantation – nach den 4 Zyklen VDT-Konsolidierung wurde eine molekulare CR bei 18 % der Patienten dokumentiert. Besonders bemerkenswert ist, dass nach einer medianen Beobachtungszeit von 42 Monaten nach Konsolidierung noch kein Patient in molekularer CR ein Rezidiv erlitten hatte. Diese Studie gilt als erste Untersuchung, welche die Bedeutung einer molekularen CR nach erfolgter Konsolidierungstherapie mit neuen Substanzen unter Beweis stellen konnte.

Dreifachkombination Lenalidomid/Bortezomib/ Dexamethason (RVD): Derzeit untersuchen einige weitere Studiengruppen die Signifikanz der Konsolidierungsbehandlung nach autologer Transplantation, wobei die Schemata auf neuen Substanzen aufbauen. Besonders bedeutsam wird dabei eine dreiarmige US-Studie angesehen (BMT/CTN-Studie), die nach einer einfachen autologen Transplantation (Vorbehandlung erfolgt mit MEL 200) Patienten entweder in einen Studienarm ohne Konsolidierung oder den Studienarm mit der Dreierkombination Lenalidomid/ Bortezomib/ Dexamethason (RVD) für 4 Zyklen bzw. einer zweiten autologen Transplantation randomisiert. Im Anschluss daran erhalten alle Patienten eine Lenalidomid-Erhaltungstherapie, was die Interpretation der Konsolidierungsdaten erschweren könnte.

Auch die französische Studiengruppe IFM hat (gemeinsam mit dem Dana-Farber Cancer Institute) ein Studienkonzept aufgelegt, das die Dreierkombination RVD mit oder ohne autologer Transplantation prüft. Im Transplantationsarm wird der Effekt von 2 Konsolidierungszyklen mit RVD nach ASCT untersucht. In der IFM-Studie 2005-02 wurde nach autologer Transplantation eine Konsolidierung mit zwei Zyklen Lenalidomid (25 mg), gefolgt von einer Lenalidomid-Erhaltungstherapie (10–15 mg bis zur Krankheitsprogression) durchgeführt. Durch die Konsolidierungstherapie konnten die Raten an kompletten Remissionen weiter gesteigert werden (Abb. 2).

 

FACT-BOX

Eine Konsolidierungstherapie mit neuen Substanzen (Bortezomib/Thalidomid bzw. Lenalidomid) nach autologer Stammzelltransplantation führt zu

  • einer Verbesserung der Tiefe des Ansprechens (signifikante Erhöhung der Rate an kompletten und molekularen Remissionen)
  • einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens
  • Die Kombinationstherapie von Bortezomib/Thalidomid/Dexamethason (VDT) kann als neue Option zur Maximierung der Rate an kompletten Remissionen beim transplantfähigen Myelom-Patienten angesehen werden.
  • VDT als Konsolidierungstherapie wird gut vertragen, die Raten an höhergradigen hämatologischen und nichthämatologischen Nebenwirkungen waren sehr niedrig

1 Cavo M et al., Blood 2010; 116 Abstract 42
2 Ladetto et al., J Clin Oncol 2010; 28:2077–84 Mellqvist et al., Haematologica, 2011; 96:531
3 Attal et al., Haematologica 2011; 96:523
4 Roussel et al., ASH 2010 (Abstract 624)