Erfahrungen von Patienten mit systemischer Sklerose – Qualitative Studie in 4 europäischen Ländern

Concepts of functioning and health important to people with systemic sclerosis – a qualitative study in four European countries

T. Stamm1, M. Mattsson2, C. Mihai3, J. Stöcker4, A. Binder1, B. Bauernfeind1, G. Stummvoll1, G. Gard2, R. Hesselstrand5, G. Sandqvist5, O. Draghicescu3, A. M. Gherghe3, M. Voicu6, K. Machold1, O. Distler4, J. Smolen1, C. Boström7
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Medical University Vienna, Austria, 2Luleå University of Technology, Sweden, 3Carol Davila University of Medicine, Bucharest, Romania, 4University Hospital Zurich, Switzerland, 5Lund University, Sweden, 6Romanian Academy of Science, Bucharest, Romania, 7Karolinska Institutet, Stockholm, Sweden

EULAR 2011, Abstract Nr. SAT0495-HP

Qualitative Studien: Die Sichtweise von Patienten

Qualitative Studien dienen dazu, die Sichtweise von PatientInnen zu erheben, da wir als “Gesundheitsprofis” nur mutmaßen können, welche Erfahrungen jemand mit einer bestimmten Erkrankung im Alltag macht.
Möchte man jetzt z.B. einen Fragebogen entwickeln, so ist es wichtig zu wissen, welche tatsächlichen oder besonders wichtigen Probleme in der Alltagsbewältigung von PatientInnen mit bestimmten Erkankungen auftreten.

Fokusgruppenstudie – Interaktion und Diskussion

In einer solchen Fokusgruppenstudie werden die TeilnehmerInnen nicht einzeln, sondern in Gruppen interviewt. Der Vorteil besteht darin, dass die TeilnehmerInnen miteinander kommunizieren und interagieren können und dabei z.B. auch andere Sichtweisen kennen lernen können und miteinander vergleichen. Wir bekommen hier oft die Rückmeldung von unseren StudienteilnehmerInnen, dass ihnen diese Gruppengespäche “sehr gut getan haben”, da sie auch andere als ihre eigenen Erfahrungen mitgeteilt bekommen haben und außerdem andere PatientInnen mit derselben Erkrankung kennen lernen konnten. Die in einer Fokusgruppe gestellten Fragen unterschieden sich oft kaum von denen in Einzelinterviews, meist entsteht allerdings einen Diskussion, so dass wir oft nur wenige Fragen auswählen, die dann in der Gruppe gestellt werden. Der Nachteil von Fokusgruppen ist aber, dass auf Terminwünsche von PatientInnen oft weniger Rücksicht genommen werden kann (bei einem Einzelinterview wird ein individueller Termin mit jeder/m PatientIn vereinbart) und die Organisation einer solchen Gruppe mehr Zeit in Anspruch nimmt. Vor allem multizentrische Studien, an denen mehrere (ausländische) Rheumazentren teilnehmen, sind oft besonders aufwendig in der Planung, da hier auch kulturelle Aspekte, z.B. beim Formulieren der Fragen, einbezogen werden müssen. Trotzdem gewährleisten solche Projekte, dass die Perspektive von PatientInnen nicht nur aus dem eigenen Land stammt.

Selbstreflexion der Forscherin

Wichtig bei einer solchen qualitativen Analyse ist die Selbstreflexion der Forscherin, da jeder Mensch eigene Vorstellung vom Altwerden, eigene Lebenserfahrungen und Erfahrungen mit alten Menschen hat und diese bei einer qualitativen Datenanalyse nicht einfach “weggedacht” werden können. Daher müssen diese Erfahrungen zum Gegenstand der eigenen Reflexion gemacht werden, die dann wiederum in die Analyse der Daten einfließen und z.B. Aussagen ermöglichen, warum der Forscherin selbst bestimmte Dinge besonders auffallen.

Qualitative Studie mit Patienten mit SSc

In der aktuellen Studie wurden die Daten mittels einer Form der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Dabei wurden theoretische Konzepte extrahiert, die sich jeweils von anderen Konzepten abgrenzen ließen. Die Konzepte wurden dann zur Internationalen Funktionsklassifikation der WHO (ICF) gelinkt, d.h. in die Sprache der ICF übersetzt, um eben einen Vergleich zwischen verschiedenen Zentren/Ländern zu ermöglichen, in denen die PatientInnen nicht dieselbe Sprache sprechen.

Ergebnisse

63 Personen mit SSc haben in den 4 Ländern in insgesamt 13 Fokusgruppen teilgenommen. 86 Konzepte konnten aus den Daten extrahiert werden. 22% der Konzepte wurden in allen 4 Ländern beschrieben, während andere Konzepte nur in einem, zwei oder drei Ländern genannt wurden. Konzepte, die in allen 4 Ländern genannt wurden, beinhalteten z.B.

  • Probleme mit der Handfunktion
  • Haushaltstätigkeiten
  • bezahlte Arbeit
  • Medikamente
  • Klima und Kälte
  • Unterstützung von anderen Personen sowie Erfahrungen (positive und negative) mit dem Gesundheitssystem,
  • nichtmedikamentöse Therapie etc.

Die Konzepte, die in allen 4 Ländern genannt wurden, sind möglicherweise besonders wichtig und sollten in der klinischen Routine sowie beim Assessment von PatientInnen mit SSc berücksichtigt werden.