UCD-206-Hühner – ein Tiermodell für die systemische Sklerose -Therapie ischämischer Läsionen mit VEGF121-Fibrin

Ein frühes charakteristisches Merkmal der SSc ist eine Schädigung der Mikrovaskulatur mit Proliferation der Intima und Verschluss kleiner Arterien sowie Malformationen und Rarefizierung von Kapillaren1. Dies führt zur Reduktion des Blutflusses, zu chronischer Ischämie und klinischen Manifestationen wie Fingerkuppenulzera. Trotz Gewebehypoxie kommt es nicht zur ausreichenden Neubildung von Gefäßen, was aber nicht durch eine unzureichende, sondern eher durch eine unkontrollierte Produktion proangiogenetischer Faktoren bedingt ist.

Rationale der Studie

Ein Schlüsselmediator der Angiogenese ist der Endothelzellwachstumsfaktor VEGF (vascular endothelial cell growth factor), der Migration, Proliferation und Differenzierung von Endothelzellen induziert. In der Haut von SSc-Patienten wird VEGF chronisch und unkontrolliert überexprimiert, wobei Patienten mit sehr stark erhöhten VEGF-Serumspiegeln keine Fingerkuppenulzera entwickeln2. Deshalb könnte eine lokale VEGF-Applikation eine sinnvolle Therapieoption zur Verhinderung und Heilung digitaler Ulzerationen sein. Für die Bildung stabiler Gefäße ist es notwendig, VEGF in einer Form zu verabreichen, die eine kontrollierte Freisetzung gestattet. Um dies zu gewährleisten, wurde VEGF121 mit der Faktor-XIIIa-Substrat-Sequenz NQEQVSPL modifiziert, wodurch VEGF kovalent an Fibrin gebunden werden kann3. Dies ermöglicht eine Nachahmung der Natur, in der Wachstumsfaktoren an extrazelluläre Matrix gebunden sind und deren Freisetzung durch zellmediierte proteolytische Aktivitäten reguliert wird. Dieses neue therapeutische Konzept haben wir in UCD- 206-Hühnern, einem Tiermodell für SSc überprüft.

UCD-206-Huhn – ideales Tiermodell für SSC

Das UCD-206-Huhn zeigt die wichtigsten Merkmale der humanen Erkrankung inklusive autoimmuner Phänomene, Vaskulopathie, Entzündung und Fibrose. Die Erkrankung beginnt spontan ein bis zwei Wochen nach dem Schlüpfen mit Rötung und ödematöser Schwellung des Kammes. Die typischen mikrovaskulären Veränderungen mit Proliferation der Intima, Verschluss der Gefäße und Verlust von Kapillaren führen sehr rasch zu ischämischen Läsionen und Nekrosen, wie man sie an den Fingerspitzen von SSc-Patienten findet. Die entzündliche Phase ist durch perivaskuläre mononukleäre Zellinfiltrate, in denen aktivierte T-Helfer-Zellen dominieren, gekennzeichnet. Dieses frühe, akute Stadium geht anschließend in ein chronisches, fibrotisches Stadium mit exzessiver Akkumulation von Kollagen Typ I, III und VI über. Neben der Haut sind vor allem Ösophagus, Lunge und Nieren von der Erkrankung betroffen, und man findet – wie bei der humanen SSc – zirkulierende antinukleäre Antikörper4. Aufgrund der großen Ähnlichkeit der aviären SSc mit der humanen Erkrankung ist das UCD-206- Huhn das ideale Tiermodell für die Überprüfung neuer Therapieansätze.

Lokale VEGF-Applikation auf ischämische Läsionen beim Huhn

Die lokale Applikation von fibringebundenem modifizierten VEGF121 auf ischämische Kamm- und Nackenhautläsionen von UCD-206-Hühnern führte bereits nach 1 Woche zu einer deutlichen klinischen Verbesserung in 77,4 % der Fälle, verglichen mit einer Verschlechterung bei 80 % der fibrinbehandelten Placebokontrollen. 90 % der unbehandelten Kontrollen entwickelten ausgeprägte Nekrosen, die häufig zum Verlust des Kammes führten (Abb.). Die Dicke der Nackenhaut war nach Therapie mit VEGF121-Fibrin um durchschnittlich 30 % reduziert (p (#1048576#) 0,01), mononukleäre Zellinfiltrate im Kamm um 40 % (p (#1048576#) 0,01). Die quantitative Analyse immunfluoreszenzgefärbter Gewebeschnitte zeigte eine statistisch signifikante Zunahme von Endothelzellen, Perizyten und vaskulären glatten Muskelzellen. Aus diesen Ergebnissen lässt sich schließen, dass die topische Therapie ischämischer Läsionen mit VEGF121-Fibrin die Bildung stabiler Blutgefäße induziert und dadurch klinisch effektiv ist. Langzeiteffekte und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von VEGF121-Fibrin müssen in einer Folgestudie untersucht werden.

1 Sgonc R, The vascular perspective of systemic sclerosis: of chickens, mice and men. Int. Arch. Allergy Immunol. 1999; 120:169–176

2 Distler O, Distler JH, Scheid A, Acker T, Hirth A, Rethage J, Michel BA, Gay RE, Muller-Ladner U, Matucci-Cerinic M, Plate KH, Gassmann M, Gay S, Uncontrolled expression of vascular endothelial growth factor and its receptors leads to insufficient skin angiogenesis in patients with systemic sclerosis. Cir Res 2004; 95:109–116

3 Zisch AH, Schenk U, Schense JC, Sakiyama-Elbert SE, Hubbell JA, Covalently conjugated VEGF-fibrin matrices for endothelialization. J Control Release 2001; 72:101–113

4 Wick G, Andersson L, Hala K, Gershwin ME, Selmi CF, Erf GF, Lamont SJ, Sgonc R, Avian models with spontaneous autoimmune diseases. Adv Immunol 2006; 92:71–117