Brustkrebs und Schwangerschaft

PABC: Definition und Epidemiologie

Als schwangerschaftsassoziiertes Mammakarzinom (Pregnancy-associated breast cancer, PABC) werden jene Brustkrebsfälle bezeichnet, die im Rahmen der Schwangerschaft beziehungsweise innerhalb des ersten Jahres nach der Geburt diagnostiziert werden. Das PABC ist in der industrialisierten Welt neben dem Gebärmutterhalskrebs inzwischen das häufigste Malignom der jungen Frau. Bei deutlich steigender Tendenz werden inzwischen mehr als 25 % aller prämenopausalen Brustkrebsfälle als schwangerschaftsassoziiert eingestuft. Zwei Hauptursachen scheinen für den seit Jahren beobachteten Anstieg dieser Tumorform verantwortlich zu sein. Zum einen steigt die Wahrscheinlichkeit, an einem Mammakarzinom zu erkranken, mit dem Alter exponenziell an. So schätzt man das kumulative Brustkrebsrisiko einer 25-jährigen Frau auf etwa 1 : 15.000, während es bei einer 40-Jährigen bereits auf 1 : 2.500 angestiegen ist. Der zweite Grund liegt zweifelsohne an einem Trend, den Geburtsstatistiken in den meisten industrialisierten Ländern in den letzten Jahren anzeigen: das stetige Ansteigen des durchschnittlichen mütterlichen Alters zum Zeitpunkt der ersten Geburt und zum Zeitpunkt der nachfolgenden. Während das mediane Alter einer Mutter zum Geburtstermin in den USA 1970 beispielsweise bei knapp unter 25 lag, ist es inzwischen auf über 28 angestiegen. Schon allein die Kombination der beiden epidemiologischen Trends muss sich zwangsweise in einem Anstieg des PABC niederschlagen. In Österreich liegt das durchschnittliche Alter von Frauen mit PABC bei etwa 35 Jahren.

Brustkrebsrisiko und reproduktive Faktoren

Man hat lange Zeit angenommen, dass eine oder mehrere durchgemachte Schwangerschaften die Wahrscheinlichkeit, an einem Brustkrebs zu erkranken, in jedem Fall reduzieren. Dies gilt insbesondere für Frauen, die bereits das 40. Lebensjahr überschritten haben. Aus großen epidemiologischen Studien wissen wir nämlich, dass besonders junge Erstgravide sowie Frauen, die bereits multiple Schwangerschaften ausgetragen haben, ein signifikant erniedrigtes Brustkrebsrisiko aufweisen. Auch Stillen scheint einen protektiven Effekt auszuüben. Allerdings konnte inzwischen auch gezeigt werden, dass der Schutzeffekt einer Schwangerschaft nicht sofort eintritt und auch nicht konsistent ist: Abhängig vom mütterlichen Alter und dem Zeitpunkt der ersten Geburt kann eine Schwangerschaft das Entstehen eines Mammakarzinoms entweder hemmen oder fördern. Eine Frau, die ihr erstes Kind vor dem 35. Lebensjahr geboren hat, hat im Vergleich zu einer Nullipara tatsächlich ein geringeres Brustkrebslebenszeitrisiko. Eine Frau, die ihr erstes Kind jedoch nach dem 35. Lebensjahr geboren hat, hat im Vergleich zu einer kinderlosen Frau jedoch insgesamt ein etwas höheres Krebsrisiko. Eine Analyse der US-amerikanischen Nurses‘ Health Study mit mehr als 16.000 Teilnehmerinnen hat ergeben, dass es in jedem Jahr, mit dem eine Schwangerschaft verschoben wurde, zu einem Anstieg des Brustkrebsrisikos um 3,5 % kommt. Interessanterweise haben alle Frauen, die geboren haben, ein vorübergehend höheres Brustkrebsrisiko in den ersten 3–5 Jahren nach einer Geburt, unabhängig von ihrem Alter und unabhängig davon, ob sie zum Zeitpunkt der Geburt jünger oder älter als 35 waren. Dies führt dazu, dass Frauen, die geboren haben, bis zum 40. Lebensjahr in Vergleich zu kinderlosen Frauen ein etwas höheres Brustkrebsrisiko aufweisen. Erst nach dem 40. Lebensjahr erniedrigt sich das mütterliche Brustkrebsrisiko wieder, um danach unter dem einer Nullipara zu bleiben („Cross-over-Effekt“).

Schwangerschaft und Brustkrebsprognose

Auch wenn bislang nur wenig über die Prognose des PABC bekannt ist, so deuten die vorliegenden Daten eher auf einen besonders ungünstigen Ausgang von PABC hin. Die Gesamtüberlebenszeit bei Frauen mit schwangerschaftsassoziiertem Brustkrebs ist in einer großen Studie deutlich geringer als bei vergleichbaren nichtschwangeren Frauen ausgefallen: In einer retrospektiven Studie wurde das Überleben von Frauen mit Mammakarzinom in Abhängigkeit von der Zeit untersucht, die seit der Geburt vergangen war. Dabei zeigte sich ein erschreckend geringes durchschnittliches 15-Jahres-Überleben von 38 % in jenen Fällen, in denen das Mammakarzinom innerhalb des ersten Jahres nach einer Geburt diagnostiziert worden war. Selbst wenn das Mammakarzinom zwischen dem 1. und 4. postpartalen Jahr diagnostiziert wurde, schien dies lediglich mit einem 15-Jahres-Überleben von 51 % assoziiert zu sein. Erst Karzinome, die mehr als 4 Jahre nach der letzten Geburt aufgetreten waren, wiesen ein Überleben von zumindest 60 % auf. Die Ursache der so ungünstigen Prognose von PABC ist bis heute unklar, wenngleich inzwischen eine Reihe von Erklärungsmodellen vorgeschlagen worden sind: Zweifelsohne ist die Diagnose eines bösartigen Brusttumors während der Schwangerschaft und Stillzeit aufgrund von umfangreichen Brustveränderungen während dieser Zeit deutlich erschwert. Die Zunahme der Brustdichte führt zu einer geringeren Sensitivität von manueller Brustuntersuchung und Mammographie. Man schätzt, dass es dadurch zu einer Verzögerung von 5 bis 15 Monaten bis zur Diagnosestellung kommt, was dazu führt, dass der Tumor zumeist erst in einem fortgeschritteneren Stadium entdeckt wird. Andere mögliche Ursachen für die besondere Aggressivität von PABC sind die hohen Spiegel von schwangerschaftsassoziierten Wachstumsfaktoren, die eine konstante Proliferationsstimulation für die Tumorzelle darstellen. Schließlich zeichnen sich schwangerschaftsassoziierte Mammakarzinome aus bislang unbekannten Gründen typischerweise auch durch einen PgR-negativen/p53-positiven Phänotyp aus und scheinen daher eine separate, biologisch besonders ungünstige Tumorentität darzustellen.
Die immer wieder diskutierte Befürchtung einer möglichen Rezidivrisikoerhöhung durch das Eintreten einer neuerlichen Schwangerschaft nach Brustkrebs beruht auf der Tatsache, dass es besonders im 3. Trimenon zu einem teilweise sehr starken Anstieg von Östrogenen und anderen Sexualsteroiden im Serum kommt. Dies könnte gerade bei hormonrezeptorpositiven Mammakarzinomen zu einer Wachstumsstimulation von möglicherweise bereits disseminierten Tumorzellen führen. Diese Befürchtung konnte in den bislang vorliegenden Studien jedoch nicht erhärtet werden. Zumindest zwei Studien zeigten sogar einen signifikanten Überlebensvorteil bei jenen Frauen, die nach einer Brustkrebstherapie wieder schwanger geworden waren. Hier kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass sich nur jene Patientinnen auf eine Schwangerschaft einließen, die insgesamt eine gute Prognose aufwiesen. Frauen mit lokal fortgeschrittenem Karzinom oder Frauen, die aufgrund einer ungünstigen Risikokonstellation besonders aggressiv therapiert worden waren, würden demnach einer weiteren Schwangerschaft möglicherweise eher ablehnend gegenüberstehen („healthy mother bias“).

Risikofaktor Schwangerschaft nach erfolgter Brustkrebserkrankung

Die Beobachtung, dass es nach einer Brustkrebstherapie im Vergleich zu gesunden altersgleichen Frauen nur sehr selten zu einer Schwangerschaft kommt, ist in Anbetracht der zumeist vorausgegangenen Chemo- oder endokrinen Therapien nicht verwunderlich. Aber auch ohne eine systemische Therapie verkürzt die üblicherweise durchgeführte Lokaltherapie – Operation und postoperative Bestrahlung – das fruchtbare Fenster einer Frau um vermutlich zumindest 6 Monate. Selbst bei Frauen unter 35 kommt es nach einer abgeschlossenen Brustkrebstherapie in lediglich etwa 8 % zu einer ausgetragenen Schwangerschaft, und die Rate von Spontanaborten nach der Diagnose Brustkrebs wird auf zumindest 25 % geschätzt. Die wohl bedeutendste Ursache für die schlechte Fertilitätsrate ist die chemotherapieinduzierte Amenorrhö. Zyklophosphamidhältige Chemotherapien wie CMF führen in bis zu 75 % zu einer mehr als 12 Monate dauernden Amenorrhö, aber auch bei Anthrazyklin-/Taxan-hältigen Schemata kommt es in etwa 15 % zu einer sekundären Amenorrhö. Bei endokrinen Therapien mit GnRH-Analoga stellt die Amenorrhö sogar das therapeutische Ziel dar. Interessanterweise ist diese Form der iatrogenen Amenorrhö reversibel und bei 90 % der Frauen unter 40 kommt es innerhalb eines Jahres nach Absetzen des GnRH-Analogons zum Auftreten einer Regelblutung. Bei Frauen über 40 liegt der Prozentsatz immerhin noch bei 70 %. Auch das häufig bei prämenopausalen ER-positiven Patientinnen verordnete Tamoxifen erhöht das Risiko für eine vorzeitige Menopause insgesamt nur gering, bei Frauen über 45 soll der Prozentsatz nicht über 10 % liegen. Eine häufig gestellte Frage bei jungen Frauen mit noch nicht abgeschlossenem Kinderwunsch ist die nach dem „optimalen“ Zeitpunkt einer Schwangerschaft nach Brustkrebs in der adjuvanten Situation. Hierzu gibt es derzeit aus onkologischer Sicht noch wenig Evidenz. Da das Rezidivrisiko in den ersten Jahren nach einer Brustkrebserkrankung am höchsten ist, wird von vielen Kollegen empfohlen, mit einer nachfolgenden Schwangerschaft zumindest zwei Jahre zu warten. Aus chronobiologischen Gründen sollte jedoch gerade bei älteren Frauen auf eine möglichst zügige Erfüllung des Kinderwunsches hingearbeitet werden. Daher muss die Entscheidung für oder gegen eine nachfolgende Schwangerschaft stets individuell und in Abhängigkeit von mütterlichem Alter, familiärer Situation und Rezidivprognose gefällt werden.

Zusammenfassung

PABC tritt während bzw. im ersten Jahr nach einer Schwangerschaft auf. Aufgrund des zunehmenden Alters von Schwangeren in der industrialisierten Welt nimmt das PABC in diesen Ländern stetig zu. Der Einfluss einer Schwangerschaft auf das Brustkrebsrisiko ist altersabhängig: Während frühe Schwangerschaften vor einem Mammakarzinom eher schützen, so erhöht eine Schwangerschaft nach dem 35. Lebensjahr sogar temporär das Brustkrebsrisiko. PABC ist mit einer deutlich schlechteren Prognose assoziiert, was möglicherweise mit dem hormonellen Milieu während der Schwangerschaft erklärt werden kann. Eine Schwangerschaft nach einer durchgemachten Brustkrebserkrankung führt jedoch nach derzeitigem Wissensstand nicht zu einer Erhöhung der Rezidivwahrscheinlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit, nach einer systemischen Therapie eine Schwangerschaft zu erreichen, ist jedoch insgesamt gering, und besonders bei älteren Frauen sollte eine zügige Erfüllung des Kinderwunsches angeraten werden.