Antithrombotische Therapie – Highlights Tag 2

Dr. Andreas Kammerlander, PhD

COMPASS – Blutung und Krebsrisiko bei Patienten mit vaskulärer Erkrankung unter Rivaroxaban

Eikelboom JW, Hamilton, CA, Abstract # 1321

Die multizentrische COMPASS-Studie zeigte bei über 27.000 Patienten mit stabiler KHK oder pAVK, dass niedrig dosiertes Rivaroxaban (Xarelto®) zusätzlich zu Acetylsalicylsäure mit einer reduzierten Rate an kardiovaskulären Ereignissen einhergeht, jedoch signifikant höhere Blutungen in Kauf genommen werden müssen. Aus den nun präsentierten Daten geht hervor, dass bei jenen Patienten mit der Nebenwirkung einer Blutung in mehr als 10 % der Fälle in weiterer Folge ein maligner Tumor diagnostiziert wurde. Patienten mit gastrointestinaler Blutung unter der Therapie hatten ein 20-fach erhöhtes Risiko für die Neu-Diagnose eines kolorektalen Tumors. Bedeutung für die Praxis: Gastrointestinale Blutungen unter NOAK sollten nicht nur als reine Medikamenten-Nebenwirkung wahrgenommen werden, sondern sollten eine Abklärung hinsichtlich eines kolorektalen Karzinoms als Ursache nach sich ziehen.

 

Prof. Dr. Jutta Bergler-Klein, FESC

Wertigkeit von Risiko-Scores für das Ischämie- und Blutungsrisiko nach ACS

Ueda P et al., Stockholm, SE, Abstract # 1400; Cordero A et al., Alicante, ES, Abstract # 1399; Lindholm D et al., Uppsala, SE, Abstract # 1398; Katus H, Heidelberg, DE, Abstract # 1401; Ten Berg JM, Nieuwegein, NL, Abstract # 1397

Die optimale Dauer der dualen Antiplättchen-Therapie (DAPT) nach akutem Koronarsyndrom (ACS) und Stents und prolongierte Gabe über 12 Monate hinaus ist umstritten. In den ESC-Guidelines 2017 zu DAPT werden Scores mit Klasse IIb A empfohlen, um einerseits das neuerliche Ischämie-Risiko und andererseits ein erhöhtes Blutungs-Risiko abzuschätzen, insbesondere der DAPT-Score nach 12 Monaten, und der PRECISE-DAPT Score zum Zeitpunkt des Stentings.
Eine schwedische Untersuchung aus einem ACS / Stent Register von > 41.000 Patienten nach 12 bis 30 Monaten Beobachtung zeigte nun, dass der DAPT-Score nicht verlässlich das Blutungsrisiko voraussagt und der Cut Off für Ischämie höher als 2 liegt. Der DAPT-Score ist nicht generalisierbar auf alle Populationen, möglicherweise müssen lokale Scores erstellt werden.
In einer spanischen Infarkt Register Studie an über 8.200 Patienten war der PRECISE-DAPT- dem CRUSADE-Blutungs-Score überlegen in der Abschätzung des Blutungsrisikos nach ACS unter DAPT. Nach etwa 5 Jahren liegt die Mortalität, trotz optimaler Therapie, bei etwa 21 % und die Rate schwerer Blutungen bei 9,8 %.
Aus dem SWEDEHEART Register von > 100.000 Patienten zeigte sich, dass bei zunehmenden Ischämie Risikofaktoren (Mehrgefäßerkrankung, Diabetes, Niereninsuffizienz, früherer Infarkt, Alter > 65) auch das Risiko für Blutungen zunimmt, vor allem bei bereits früherer Blutung. Nach 3,6 Jahren hatten 20,6 % der Patienten neuerlich ein Ereignis und 5,9 % eine schwere Blutung.
Abschließend wurden von Prof. Dr. Hugo Katus, Erfinder des Troponin T Tests, die Bestimmung von Biomarkern zur Risikoeinschätzung empfohlen, insbesondere Marker der Myozytenschädigung (Troponin, auch bei stabiler KHK), des hämodynamischen Stress (NT-proBNP), Inflammation (GDF-15, hsCRP), sowie Copeptin, Cystatin C, u. a. In der Voraussage der Mortalität 6 Monate nach ACS waren der GRACE-Score und NT-proBNP gleichwertig, GDF-15 konnte weiter differenzieren.
Bedeutung für die Praxis: Risiko-Scores können zwar helfen das Blutungsrisiko abzuschätzen in der Entscheidung einer prolongierten Gabe von dualen Plättchenhemmern über 12 Monate hinaus, können aber nicht generalisiert werden. Biomarker, v. a. Troponin und BNP, sind jederzeit bestimmbar und erweitern das Risikoprofil.